Cloud-Innovationen in digitale Produkte integrieren, bei strategischen Cloud-Fragen unterstützen und Komplexität reduzieren: Wie Cloud Natives Hyperscaler und Kund:innen ins Geschäft bringen. Ein Gespräch mit Marc Korthaus, Gründer & CEO bei SysEleven, und Sönke Ruempler, Mitgründer bei superluminar.
eurocloudnative.de: Wie helfen Sie ihren Kund:innen?
Marc Korthaus: Wir sorgen dafür, dass Applikationen performant, stabil und sicher laufen. Als Cloud- und Kubernetes-Service-Provider haben wir uns darauf spezialisiert, geschäftskritische Systeme verteilt zu betreiben, Workloads skalierbar zu machen und das auch auf unserer eigenen OpenStack Cloud 100 % DSGVO-konform zu ermöglichen.
Sönke Ruempler: Wir sind auf Amazon Web Services (AWS) spezialisiert, entwickeln Software, beraten strategisch und unterstützen unter anderem Start-ups, Medienhäuser und MDAX-Unternehmen in ihrer Public Cloud Journey.
Was macht Ihre Arbeit kompliziert?
Ruempler: Beispielsweise reicht die Menge an Diensten, die die Hyperscaler offerieren, dafür bereits aus. So hat AWS heute über 200 Services in petto. Im Wochentakt kommen neue hinzu. Da nicht den Anschluss zu verlieren, ist schon kompliziert genug.
Korthaus: Oder Unternehmen wollen ihre Workloads von einem Hyperscaler zum anderen migrieren, dabei das Potential von Cloud-Native-Technologien voll ausschöpfen und dennoch gleichzeitig europäische Datenschutzanforderungen einhalten.
Ruempler: Ob elastisch oder serverlos, Kubernetes oder Microservices – das Zusammenspiel ist alles andere als trivial. Kennen sich Anwender:innen nicht aus, machen sie Fehler. Wer Container in AWS starten möchte, kann dies aktuell auf 17 verschiedenen Wegen tun. In der Masse an Services gibt es viele, die teils ähnlich funktionieren…
…viele Möglichkeiten zu haben klingt doch erstmal positiv?
Ruempler: Stimmt. Dienste von AWS sind auch sehr verlässlich, da der Anbieter sie fast nie ausmustert. Aber die Folge sind das Paradox of Choice und viele Altlasten. Wer diese durch neue, höherwertige Dienste ersetzen möchte, der muss sich gut auskennen.
Warum fährt AWS diesen Kurs?
Ruempler: So, wie Kund:innen die Dienste nachfragen, entwickelt sie AWS. Dazu ist der Hyperscaler in Teams strukturiert, die besonders versiert sind, Anforderungen in Services, Subservices und Features zu überführen. Auf diese Weise entstehen schnell neue Services. Und das oftmals auch als MVP (Minimum Viable Product). Die Folge: Ein Dschungel an Diensten, den AWS teils selbst nicht mehr durchschaut. Hier kommen Cloud-Native-Provider wie wir in Spiel und sorgen für Durchblick.
Herr Korthaus, wie sorgen Sie für Durchblick?
Korthaus: Gemeinsam mit den Kund:innen definieren wir Anforderungen und entwerfen einen Umsetzungsplan. Dann erweitern oder vertiefen wir das Know-how in den Teams unserer Auftraggeber:innen. Das Ziel: Applikationen nicht nur reibungslos und sicher zu betreiben, sondern auch zu optimieren. Navigate, Educate und Operate – ein Vorgehen, das wir NEO-Methode nennen, um Cloud-Native-Strategien aufzubauen.
Wie gelingt das technologisch?
Korthaus: Beispielsweise über die OpenSource Projekte OpenStack und Kubernetes. So bleiben Workloads zwischen unterschiedlichen Infrastrukturanbieter:innen portabel. Während die Unternehmen dann beispielsweise ihre personenbezogenen und geschäftskritischen Daten von Kund:innen nur hierzulande verarbeiten, nutzen sie gleichzeitig die Public Clouds der Hyperscaler für andere, nicht personenbezogene Anwendungen.
Wie wichtig sind da Partner:innen?
Ruempler: Sehr wichtig! Der Markt spezialisiert sich immer weiter. Jeder muss genau wissen, was er kann und wo die eigenen Grenzen liegen. Sucht jemand etwa Partner:innen, um ein SAP-System auf AWS zu migrieren, dann gibt es Expert:innen, die sich damit besser auskennen als wir.
Korthaus: Der kürzeste Weg führt vermeintlich direkt zu den Hyperscalern. Aber Anbieter:innen in Deutschland müssen sich fragen, mit wem sie kurz-, mittel- und langfristig kooperieren wollen, bei wem sie zu welchen Kosten einen Lock-In riskieren wollen. Kubernetes ist ein Beispiel, um Lock-In und langfristig zu hohe Kosten zu vermeiden, ebenso Privacy Shield: Der Markt sucht nach Lösungen. Alle Akteur:innen sind gut beraten, sich darauf jetzt einzustellen und die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.
Und wie wichtig sind Partner:innen für das Geschäft der Hyperscaler selbst?
Ruempler: Wir brechen auch hier die Komplexität auf und bringen Angebot und Nachfrage zueinander. Allein aufgrund ihrer Größe sind die Hyperscaler nicht in der Lage, jedes Unternehmen selbst zu bedienen. Da braucht es Partner:innen.
Korthaus: Als Anbieter einer eigenen OpenStack Cloud entwickeln wir Geschäft über Systemhäuser, Integrator:innen und Cloud-Native-Beratungsunternehmen, wie sie sich bei EuroCloud Native versammeln. Die Cloud Natives bilden eine spannende und agile Landschaft, die uns hilft, die Komplexität der Cloud aufzulösen und in Geschäftsmodelle zu übersetzen.
Wie kann das praktisch aussehen?
Ruempler: Beispiel superwerker: Gemeinsam mit kreuzwerker haben wir ein Open-Source-Produkt gestartet, über das Cloud-Neueinsteiger:innen einfach und sicher ein AWS-Set-up ohne großes Herumprobieren aufbauen können. Das Set-up enthält notwendige Basisdienste – gerade auch im Hinblick auf Security – und verhindert typische Fehler. Services, Voreinstellungen und Best Practices lassen sich übernehmen, statt sie manuell auswählen und konfigurieren zu müssen. Anwender:innen freuen sich über die Kosten- und Zeitersparnis. Und AWS über neue Kund:innen.
Korthaus: Ein Beispiel, das zeigt, wie sich Komplexes einfacher machen lässt, um immer mehr Unternehmen in die Cloud zu bringen. Und ein Beispiel, das deutlich macht, welche Haltung es auch andernorts braucht, um Fragen der digitalen Souveränität zu lösen. Solange wir noch auf die Antwort warten, die Gaia-X geben wird, sehe ich da große Chancen für deutsche Cloud-Angebote – und Europa.
Wir danken für das Gespräch!